Donnerstag, 10. September 2009

Wer glaubt eigentlich noch an die Bundesstaatsreform?

"Mir ist es egal, wer unter mir Kanzler ist!" - So soll Wiens Bürgermeister Michael Häupl einmal die Chancen- und Hilflosigkeit von Bundespolitikern kommentiert haben.

Auch wenn das Zitat nicht stimmen sollte, es ist vorstellbar, und es beschreibt Realitäten, wie sie in Österreich tagtäglich vollzogen werden.

Nehmen wir Unterrichtsministerin Claudia Schmid: Seit Amtsbeginn müht sie sich ab, eine Bildungsreform in Gang zu setzen, - und sie scheitert. Woran? Genau! An der faktischen Macht von Sozialpartnern und Landesvertretern.

Schauen wir auf die hoch verschuldete und defizitäre ÖBB: Zumindest ansatzweise bemüht sich das dortige Management um die Errichtung und Erhaltung leistungsstarker Verkehrsnetze, muss dann aber immer wieder auch absurd teure und absurd unsinnige Bahntunnel errichten, die sich - erraten - irgendwelche Landespolitiker wünschen.

Wie wäre es it Gesundheitspolitik: Da gibt es einen Großgeräte -Plan, die Installierung von Schwerpunkt - Krankenhäusern, die Debatte um klar definierte Versorgungsgebiete - die dann alle am Wunsch von Landespolitikern nach einem Bad im Scheinwerferlicht anlässlich der Eröffnung irgendeines sündteuren Spitalzubaus scheitern.

A propos Scheinwerferglanz: Sind da nicht auch noch neun ORF-Landesstudios, deren einziger Job es ist, täglich ab 19:00 Uhr die LandesbürgerInnen mit merkwürdiger, exrem verzichtbarer Hofberichterstattung über das Tun der Neu LandesfürstInnen zu verstören?

Vier sündteure Beispiele. Vier eindrucksvolle Machtdemonstrationen. Vier traurige Schauplätze der budnesstaatlichen Ohnmacht.

Gemeinsam ist diesen Beispielen, dass die Bundesverfassung den Ländern in diesen Bereichen keine Kompetenzen einräumt, dass der Begriff der Subsidiarität maximal überdehnt wird und dass hier Geld ausgeben wird, dessen Eintreibung die Länder nicht verantworten müssen.

Ein weiteres gemeinsames Merkmal ist schließlich, dass mit dem elenden Partikluarismus mehr Schaden als Nutzen erzeugt wird:

Bildungspolitik bleibt in den Händen schwarzer AHS-Gewerkschafter und politisch besetzter Landes- und Bezirksschulräte.

Verkehrspolitik passt sich nicht dem Bedarf moderner Mobilität an, sondern dem politischen Gutdünken jenes Landesfürsten, der dem zuständigen Minister farblich am nächsten steht.

In den Landeskrankenhäusern stehen ungenützte Hochleistungsgeräte herum und sind häufig Operateure ohne ausreichende Praxiserfahrung am Werk.

Und was die ORF-Landesstudios anlangt: Worüber nicht zu sprechen ist, ...

Was lernen wir daraus? Ein Bundeskanzler von Gnaden des mächtigen Wiener Bürgermeisters und der auflagenstärksten Boulevardzeitung des Landes sitzt am See - weit weg von den gleich ihm quakenden Enten - und träumt ein bisschen von einer "Bundesstaatsreform".

Ein Vizekanzler mit guten verwandtschaftlichen Beziehungen sitzt im Stiftshof und plaudert ungeniert von der Erholung des maroden Staatshaushaltes dank der "Bundesstaatsreform".

Ein Parlament beschäftigt sich unter öffentlichkeitswirksamen Getöse erheblich erfolglos mit der ach so dringend von den Politikern eingeforderten "Bundesstaatsreform"

Und die Medien? Die rufen verzweifelt laut angesichts der Finanzmalaise nach einer effizienten "Bundesstaatsreform".

Tja. In der ersten Reihe fußfrei sitzen ganz gemütlich die neun LandesfürstInnen, nicken bedächtig zu jedem Vorschlag, der in Richtung Kompetenzaufteilung geht, murmeln "jaja", lachen ein bisschen ob der tollpatschigen Verrenkungen und Kniefälligkeiten von Kanzler und Vizekanzler. Und gehen dann zum Tagesgeschäft über: Alle Macht den Ländern sichern!

Übrigens: Ich hab noch nie jemanden getroffen, der an die Budnesstaatsreform glaubt.

Sie etwa?


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